15. Oktober 2016 – 11.00 Uhr
Bibliothek Werner Oechslin, 8840 Einsiedeln

"Die Stadt ein grosses Haus und das Haus eine kleine Stadt": Architektur und Ökonomie

"Die Baukunst, oder die Wissenschaft, Gebäude und andere Bauten, dem Zwecke und Bedürfnisse gemäss, dauerhaft, bequem und geschmackvoll auszuführen, steht, mit der Civilisation gleichmässig fortschreitend, in naher Verbindung mit der Sitte und Kultur, dem National- und Privat-Wohlstande, den Bedürfnissen und der Staatsverfassung der Völker".
Ludwig von Rönne, Heinrich Simon, Die Verfassung und Verwaltung des preussischen Staates. Teil 6, Bd. 4. Breslau 1848, S. 1.

An der Pracht der Gebäude, an geraden und sauberen Strassen mit schönen Fassaden, an geordneten Stadtgrundrissen und einer „guten Policey“ misst sich seit jeher der Wohlstand einer Stadt. Und Bauen als Motor der Wirtschaftsentwicklung war schon immer von Bedeutung. Dabei spielte aber auch das gute Haushalten, die Ökonomie, eine wichtige Rolle, die Bauherren und Architekten nach den möglichst kostengünstigsten und doch besten Lösungen suchen liess.

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Leonbattista Albertis Bild, das Haus sei wie eine kleine Stadt und die Stadt ein grosses Haus, ist berühmt. Im Grund genommen ist es in der (pseudo-) aristotelischen Oekonomie vorweggenommen, in der die Familie als Modell für die Stadt gilt und beides nach den Prinzipien der Ökonomie, somit 'haushälterisch’ organisiert ist. Oekonomie - von oikos (=Haus) und nomos (=ein Gesetzmässiges) abgeleitet - bildet die Ordnung und den Organismus der Stadt, der die Menschen zum gleichen Ziel der Glücksfindung vereinigt und sie mit Vor- und Nachteilen konfrontiert. Sie muss der Verschiedenheit der Ansprüche dienen („pro hominum varietate in primis fieri“). Und das gerät zur schwierigen Quadratur des Kreises, weshalb es notwendigerweise zu Regelungen, zum Ausgleich von Ordnung und Vielfalt, von Disziplin und Freiheit kommen muss. Dem hat sich die Architektur verpflichtet und darauf aufbauend "embellissement" (Stadtverschönerung) und Städtebau entwickelt.

Serie: Wohlfahrt

Referent  

  • Prof. Dr. Werner Oechslin, Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, wissenschaftliche Leitung