17. Januar 2020 – 9.30 Uhr
Universität Zürich, Kantonsschulstrasse 3, Raum KAB-G-01

Bildungsraum – Bildungsräume

«Harmonisierung» ist eines der wesentlichen bildungspolitischen Schlagworte der letzten 15 Jahre. Das Postulat bezieht sich immer auf die Harmonisierung der kantonalen Bildungssysteme. In der Bundesverfassung ist seit 2006 aber vom «Bildungsraum Schweiz» die Rede. Vor diesem Hintergrund geht die Tagung Fragen nach der raumgeographischen Gliederung von Bildung in der Schweiz nach. Welche räumlichen Ordnungskriterien (ganze Schweiz, Kantone, Sprachräume …) waren im Laufe der Zeit bestimmend für die schweizerische Bildungspolitik? Inwiefern wurden in der Vergangenheit bestehende Grenzen (geographisch wie auch im übertragenen Sinne) im Bildungsbereich überschritten und so gegebenenfalls neue Räume geschaffen? Kann heute tatsächlich von einem «Bildungsraum Schweiz» die Rede sein oder existieren nicht vielmehr (immer noch) verschiedene, historisch gewachsene Bildungsräume nebeneinander?

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Maturitätsquote – Über welche Bildungsräume sprechen wir? (Quelle: Bundesamt für Statistik, 2016)
Maturitätsquote – Über welche Bildungsräume sprechen wir? (Quelle: Bundesamt für Statistik, 2016)

Von den Bildungsräumen zum Bildungsraum? – oder: Was heisst eigentlich Bildungsföderalismus in der Schweiz? Eine thematische Einführung

Prof. Dr. Lucien Criblez, Universität Zürich

In der Bundesverfassung wird die Schweiz seit 2006 als «Bildungsraum» bezeichnet. Trotzdem ist Bildungspolitik nach wie vor wesentlich Aufgabe der 26 Kantone, die ihre Bildungssysteme zumindest de jure autonom regeln. Der einführende Beitrag geht davon aus, dass Bildung nach wie vor eine Kernkompetenzen der Kantone ist, und dass die Kantone die wichtigsten Träger der Bildungspolitik sind. In einer historischen Langzeitperspektive wird zunächst darauf verwiesen, dass der Pfad des Bildungsföderalismus bei der Bundesstaatsgründung 1848 eingeschlagen wurde. Dieser Pfad prägt die bildungspolitischen Entscheidungssituationen bis heute nachhaltig. In einem zweiten Schritt wird auf die Anpassungsfähigkeit des Konzepts Bildungsföderalismus verwiesen, indem die wichtigsten Veränderungen im Verhältnis zwischen Kantonen und Bund rekonstruiert werden. Abschliessend wird angesichts nationaler Harmonisierung und sich verändernder internationaler Kontexte nach der aktuellen Bedeutung der Kantone als «Bildungsräume» in der Bildungspolitik gefragt.

 

Kennzahlen zum Bildungssystem nach Analyseregionen

Dr. Katharina Gallizzi & Katrin Mühlemann, Bundesamt für Statistik

Im Beitrag des Bundesamts für Statistik BFS wird eine Auswahl der statistischen Informationen zum Bildungsbereich nach den unterschiedlichen Analyseregionen präsentiert. Analyseregionen werden gebildet, um bestimmte Phänomene zu verdeutlichen, die mittels institutioneller und regionalpolitischer Gliederungen nicht oder nur ungenügend zum Ausdruck gebracht werden können. Derzeit werden vom BFS sieben Gliederungstypologien angeboten. Der Fokus des Referats liegt auf ausgewählten Kennzahlen zum Bildungsstand, zur Mobilität der Studierenden innerhalb der Schweiz, zur Organisation der Schulen und der Bildungsprogramme.

 

Die Bedeutung regionaler, (intra-)kantonaler und organisationaler Idiosynkrasien im Bildungsföderalismus. Einsichten am Beispiel der Institutionalisierung der Fachmittelschule

Sandra Hafner & Prof. Dr. Regula Julia Leemann, Pädagogische Hochschule FHNW

Im Beitrag wird die These verfolgt, dass die historische Institutionalisierung der Diplom- und späteren Fachmittelschule seit den 1970er Jahren im Spannungsfeld zwischen nationaler Konvergenz und regionaler Varianz erfolgt(e). Die Schule besass und besitzt in Bezug auf Governance, Lehrplan und Organisation eine Plastizität, welche sowohl Angleichung an ein nationales Profil wie weiterhin die Ausrichtung an regionale, (intra-)kantonale und einzelschulische Verhältnisse und historische Pfade erlaub(t)e. Diese Kompromissbildungen unterstütz(t)en die Etablierung der Schule als dritten eidgenössisch anerkannten Bildungsweg auf Sekundarstufe II. Die empirischen Daten stammen aus einem vom SNF finanziell geförderten Forschungsprojekt zur Fachmittelschule.

 

Different grain levels of the same reality – Wie Ergebnisse von Bildungsanalysen in Abhängigkeit der räumlichen Aggregationsebene variieren

Dr. Sybille Bayard & Flavian Imlig, Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung

Die prominenteste politische und räumliche Einheit im Bildungsraum Schweiz sind die Kantone. Ihre umfangreichen Kompetenzen in vielen Bildungsbereichen sind historisch und politisch legitimiert. Viele Ergebnisse in Bildungsforschung- und -statistik greifen auf die Kantone als Analyseeinheiten zurück. Aber wie verändern sich Lesarten, räumliche Muster oder auch Schlussfolgerungen wenn man die Einheiten ändert? Was geschieht wenn man räumlich gröber oder feiner gliedert? Wir möchten an Beispielen aufzeigen, wie sich der Bildungsraum Schweiz aus statistischer Sicht darstellt, wenn man über die Kantone als Analyseeinheiten hinausgeht.

Serie: Raum – Espace

Anmeldung bis zum 6. Januar 2020 an

michele.hofmann@ife.uzh.ch

 

 

Programm

9:30–9:40 Uhr

Begrüssung

9:40–10:45 Uhr

Prof. Dr. Lucien Criblez (Universität Zürich): Von den Bildungsräumen zum Bildungsraum? – oder: Was heisst eigentlich Bildungsföderalismus in der Schweiz? Eine thematische Einführung

10:45–11:00 Uhr

Pause

11:00–12:15 Uhr

Dr. Katharina Gallizzi & Katrin Mühlemann (Bundesamt für Statistik): Kennzahlen zum Bildungssystem nach Analyseregionen

12:15–13:15 Uhr

Stehlunch

13:15–14:30 Uhr

Sandra Hafner & Prof. Dr. Regula Julia Leemann (Pädagogische Hochschule FHNW): Die Bedeutung regionaler, (intra-)kantonaler und organisationaler Idiosynkrasien im Bildungsföderalismus – Einsichten am Beispiel der Institutionalisierung der Fachmittelschule

14:30–14:45

Pause

14:45–16:00 Uhr

Dr. Sybille Bayard & Flavian Imlig (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung): Different grain levels of the same reality – Wie Ergebnisse von Bildungsanalysen in Abhängigkeit der räumlichen Aggregationsebene variieren

16:00 Uhr

Abschluss der Tagung

 

Tagungsorganisation: Prof. Dr. Lucien Criblez, Dr. Michèle Hofmann, Universität Zürich, Institut für Erziehungswissenschaft (im Auftrag des Vorstandes der Schweizerischen Gesellschaft für Bildungsforschung, SGBF)

Der Besuch der Tagung ist kostenlos.

Flyer zum Herunterladen (PDF)

SGBF_Bildungsraum.pdf